Blick in die Ausstellung

CLash

eine Veranstaltung der Stoffkiste Oberwart

 

EIN ARIADNEFADEN 

 

1. Wunderbar, dass sie 

vorbeischauen, um sich anzusehen, wie unsere STOFFkiste auf ihre weiche und farbenfrohe Art auf schockierende Nachrichten reagiert.

1.1. Ich sage „weich und farbenfroh“ und dann „schockierende Nachrichten“, damit es „clasht“ und zu unserem Titel passt: CLASH, zu Deutsch „Kampfhandlung“.

 

 

1.1.1. Was überrascht, denn man tritt durch die Tür und eine Spielwiese erscheint, wolkig weiß. Fröhliche Videos spielen, übermütige Filmplakate hängen an Wolkenbacken.

 

 

1.2. Ich sitze da bis über beide Ohren schmunzelnd in einem Puppenküchencarpaccio und trinke Kaffee. Was noch? - Freundliche Gesichter - 

 

 

Zwei Taschen mit der Aufschrift „Desaster“ und „Umgangsformen“. Da hängt ein Schild mit der Aufschrift „Shopping in der Unterwelt“. So heißt die Skulptur dahinter.

 

 

Und das dort, das sind Potemkische Dörfer-Stellagen und eine Schachtelskulptur namens „Was neulich hereingekommen ist“. 

1.2.1. Wenn ich das so sage, denkt man natürlich sofort „Russland“ und „Kampfhandlung“ und hat den Köder geschluckt.

 

 

2. Ein Vorhang öffnet sich und gleich schlägt die Stimmung um, denn da steht ein mit Langhaarfell überzogener Einkaufswagen - ein Widerspruch, Einspruch, Makel -, um den sich himmlische Schwimmreifenrucksäcke kümmern,

 

 

doch er erzeugt bereits einen wunden Punkt, - eine Schwachstelle - da kann man es lesen.

 

 

2.1. Noch bevor klar ist, was neulich hereingekommen ist, tritt eine vier Meter hohe Schreckhaftigkeit auf und fährt der STOFFkiste zwischen die Ballen. Denn sehen sie: der Einkaufswagen ist ja noch leer.

 

 

2.1.1. Trotzdem: das Bild, das im Eingangsbereich so großflächig prangt, zieht sich jetzt in ein Schneckenhaus zurück.

 

 

Dort zieht etwas Fäden und wirft funkelnde Blasenaugen.

 

 

Um die Ecke ist es schon ein kleiner Drachen und daneben, zwischen Potemkischen Dorf-Wollstoffen, das ist Putin, der in einem Sonnenwagen in Frauenkleidern über einen ukrainischen Schützengraben hinwegprescht: das war also die Hiobsbotschaft. Okay. 

 

 

3. Wie reagiert die STOFFkiste? 

Mit noch mehr himmlischen Schwimmreifenrucksäcken? 

Schauen wir. Nein. 

3.1. Diesmal geben drei Feuerwehrmänner ihr Bestes.

 

 

Und da ist auch eine Matratze, auf der steht „Kampf gegen die Unruhe“. - Ein Beruhigungsversuch -

 

 

Die fröhliche Reisetasche, die wir auch schon kennen, mit der Aufschrift „Umgangsformen“, fletscht weiche  Zähne. 

 

 

3.1.1 Da will die STOFFkiste 

ihre Fassung bewahren: „Mantenere lo stato“ - Da steht es. 

3.2. All diese Abwehrreaktionen   sagen „Schwamm drüber“. Es sind Mikrowutanfälle, Verdauungsversuche.

 

 

3.2.1. Hier probiert es die Kiste in sechzehn Anläufen mit der Buckligen Welt, sie wirft die sanfte Hügellandschaft, in der sie liegt, in die Waagschale. Aber wie sie sehen, mischt sich schwarz Verkohltes hinein.

 

 

4. Was wir hier durchwandern, das ist die Kräftekonstellation, aus der Kunst entsteht. Das sind die Bedingungen der Möglichkeit, dass der eisenverkleidete Betonbau sich in die Lüfte erhebt. 

4.1. Unser Haus- und Hofdichter Hölderlin - Freunde unserer Videos kennen ihn - schreibt: 

„So gib unschuldig Wasser,

O Fittiche gib uns, treuesten Sinns

hinüberzugehen und wiederzukehren.“

4.1.1. Also: Schwingen wir uns auf.

4.2. „Die Freude fällt dem Bösen in den Rücken“ heißt es hier aufgrund und inmitten der nächsten Hiobsbotschaft, die so bedrückend ist, dass sie sogar das Licht in ihre Gewalt bringt.

4.2.1. Unser Haus- und Hofphilosoph Nietzsche - Freunde unserer Videos müssten jetzt schmunzeln -, schreibt: „Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“

 

 

 5. Es muss also so sein: Die farbenfrohe, kontaktfreudige Seite der STOFFkiste tritt zurück, es wird dunkel, die Ballen verstecken sich, andere sind in Schlachtreihe aufgestellt, 

 

 

Zweifel finden Angriffsflächen,

 

 

aber dann ist es soweit - der Platz ist auch fast aufgebraucht -, jetzt zeigt die STOFFkiste ihr Bangen um die Ukraine ganz offen!

5.1. Hier vergessen die Stoffe ihre friedliche Herkunft und formen sich zu dicken Rauchzeichen, um von Not und Schrecken zu zeugen. Sie versuchen die Ungewissheit und Angst einzufangen und Alarm zu schlagen. Am 9. März 2022 wurde zweieinhalb Flugstunden von uns entfernt in Mariupol eine Geburtenstation bombardiert.

 

 

6. Es ist ausgeprochen. Das war’s, meine Damen und Herren. 

6.1. Damit lässt der Sog nach, es geht zurück ans Tageslicht, man denkt an Kinderzimmer, die auf Verdunkelungsvorhänge warten, man denkt an die Feiertage, für die unsere Stoffe bestimmt sind, an Jogginghosen, flauschige Sitzbankbezüge und Sommerkleider. 

 

 

 

7. Wir danken für ihre Aufmerksamkeit.

 

 

 

Bernd & Lilly Hagg

& die STOFFkiste

April 2025


Die Macht der Gefühle

im 

Museum Angerlehner 

© Pia Sternbauer/Museum Angerlehner 2021

TUCHFÜHLUNGEN

 

im

Museum Innviertler Volkskundehaus

2018

 

AUF TUCHFÜHLUNG MIT CARPACCIO

in der

Galerie Eugen Lendl

2017

 

TERRORQUILT

oder

ALLES WIEDER GUT?

2015 in der 

Galerie Uray & Klug

 

RUHIGE VORMITTAGE

in der

Landesgalerie 

2011

 

© Lilly Hagg